PotNatVeg

PotNatVeg? Noch nie gehört!

Zum Hintergrund:

Die Abkürzung 'PotNatVeg' steht für Potenzielle natürliche Vegetation und bezeichnet die Artengemein-schaft, die sich in einem Gebiet langfristig etablieren würde, würde der Mensch nicht eingreifen. Für Mitteleuropa hieße das: großflächige Ausbreitung artenreicher Laubwälder - ausgenommen wären lediglich Extremstandorte wie Moore oder die Auen größerer Flüsse. Im nordwestlichen Teil Deutschlands (NRW & Niedersachsen) würden Eichen- und Buchenmischwälder vorherrschen; der Niederrhein wäre geprägt von Flattergras-Buchenwäldern (Vegetationseinheit Mb/Abbildung 1).

 

Abb. 1: Vegetationsgebiete in Westdeutschland (roter Punkt = Stadt Duisburg) | Signaturen:

- gelb (Vegetationseinheit F1): Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald => Münsterland

- hellgrün + olivgrün (Vegetationseinheit Lc): Hainsimsen-Buchenwald => rechtsrheinisches Bergland

- grün/punktiert (Vegetationseinheit Mb): Flattergras-Buchenwald => Niederrhein + Ruhrgebiet

Quelle: https://www.floraweb.de/pdf/skript377_band3.pdf
Quelle: https://www.floraweb.de/pdf/skript377_band3.pdf

 

Die potenzielle natürliche Vegetation ist die eine Seite, die reale Situation, die uns bei Spaziergängen im Wald begegnet, eine ganz andere. Wie kaum ein anderer Baum ist die Fichte prädestiniert, diesen Unterschied aufzuzeigen. Gemäß ihren Ansprüchen an Boden und Klima hätte sie in Deutschland einen nur geringen Anteil am Baumbestand. Anzutreffen wäre sie ausschließlich in höheren Lagen, wie zum Beispiel im Erzgebirge oder dem Bayerischen Wald sowie im Alpenraum (Abbildung 2). Tatsächlich aber ist sie die in Deutschland am häufigsten anzutreffende Baumart.

 

Laut der letzten Bundeswaldinventur aus dem Jahr 2012 liegt der Anteil der Fichte bei etwa 25%, dicht gefolgt von der in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt verbreiteten Kiefer (22%). Die Buche, dritthäufigste Baumart, weist mit 15% schon einen deutlichen Abstand auf.

In Nordrhein-Westfalen zeigt sich, dass Fichte und Kiefer zwar weniger verbreitet sind (im Vergleich zum Bundesschnitt), aber immer noch häufiger anzutreffen sind als die Buche. Dabei zeichnen sich deutliche Unterschiede zwischen Mittelgebirge und Tiefland ab. Während der Anteil beider Nadelbäume in der Region Rheinland/Ruhrgebiet bei rund 20% liegt, beträgt er im Mittelgebirge (Arnsberger Wald, Sauerland, Bergisches Land) zwischen 30% und 60%.

 

Abb.2: Natürliches Verbreitungsgebiet der Fichte (links) und der Kiefer (rechts)

Quelle: http://www.euforgen.org/species/
Quelle: http://www.euforgen.org/species/
Quelle: http://www.euforgen.org/species/
Quelle: http://www.euforgen.org/species/

 

Der Grund für die Diskrepanz zwischen dem, was natürlicherweise in unserer Region zu erwarten wäre, und dem, was tatsächlich hier vorkommt, ist die Forstwirtschaft. Fichten wachsen relativ schnell, weswegen sie gerne auch als Brotbaum der Holzindustrie bezeichnet werden. Der Umbau unserer Wälder begann bereits vor mehr als einhundert Jahren.

Das Problem, das nun zunehmend akut wird, ist: Fichten vertragen weder Hitze noch Trockenheit, wodurch sie langfristig schlechte Karten haben in Zeiten eines beschleunigten Klimawandels. Der Stress, dem die Bäume dadurch ausgesetzt sind, zeigte sich gerade in den letzten Hitzejahren. Dies und die Monokulturen sind die wesentlichen Gründe für den massiven Befall durch Borkenkäfer. Wegen der Trockenheit können die Bäume weniger Harz produzieren, der ihnen normalerweise Schutz vor den Käferlarven bietet.

 

Der Ausweg liegt einzig in einem konsequenten Umbau unserer Wälder.

Weg von den Monokulturen und Förderung artenreicher Mischwälder!

 

 Weitere Informationen zur Fichte und zu anderen Baumarten finden Sie hier:

Deutschlands Natur

Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

20.10.2020